Brachelen
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14.01.2023

Was Hückelhoven in den Ortsteilen plant

Wo in diesem Jahr im Stadtgebiet neue Baugebiete entstehen und welche Projekte der Bürgermeister sonst noch angehen will. Schwierige Kalkulation,

VON MICHÈLE-CATHRIN ZEIDLER

 

Brachelen: Nach Millich und Doveren bekommt nun auch Brachelen ein Dorfgemeinschaftshaus. Die Vereine in dem Dorf brauchen dringend ein neues Domizil. Früher hat sich der Ort für die Brauchtumspflege im Kaisersaal getroffen, doch der wurde abgerissen, und an der Stelle sind Wohnungen entstanden. Nun soll auf der Wiese am Fochsensteg neben dem Netto-Markt ein Vereinsheim mit Bühne gebaut werden. Bereits vor einigen Jahren hatte die Stadt dafür zwei Grundstücke erworben. Da die Stadt hier die Kosten zu einhundert Prozent aus eigener Tasche trägt, will Bürgermeister Bernd Jansen (CDU) mit dem Baustart noch etwas warten. „Wir hoffen, dass sich die Baupreise nach dem Winter etwas einpendeln“, so der Rathauschef. Der Baustart hänge von der weiteren Preisentwicklung ab, soll aber in diesem Jahr erfolgen. Die Ausschreibung liege bereits in der Schublade parat. „Ich gehe davon aus, dass wir den Baubeginn im Sommer hingekommen“, sagt Jansen.

07.01.2023

Vor 100 Jahren: 1923 war ein echtes Krisenjahr

Inflation, Hungersnot, Ruhrkampf: Wie wirkten sich die Erschütterungen im Deutschen Reich auf die Menschen im Kreis aus?

VON WILLI GOERTZ

KREIS HEINSBERG Vieles deutet darauf hin, dass das kommende Jahr 2023 ein Krisenjahr werden könnte. Vor 100 Jahren gab es ebenfalls ein Krisenjahr – so sahen es zumindest die Chronisten in den Kirchengemeinden Gillrath, Waldfeucht oder auch Geilenkirchen. 1923 sei für die Gegend das „schlimmste Jahr“ seit Ende des Ersten Weltkriegs“ gewesen, heißt es etwa in der Stadtchronik Geilenkirchen.

Ein Grund dafür war die Inflation. Fast fünf Jahre waren seit dem Kriegsende vergangen. Die hohen Reparationsforderungen der Siegermächte und eine enorme Staatsverschuldung lasteten schwer auf der deutschen Volkswirtschaft. Die Notenpresse war gezwungen, immer größere Bestände an Papiergeld zu drucken, um den finanziellen Belastungen gerecht zu werden.

Eine bereits im Jahr 1920 einsetzende inflationäre Entwicklung nahm im Lauf des Jahres 1922 immer größere Dimensionen an und erreichte 1923 einen Höhepunkt, den selbst die größten Pessimisten nicht für möglich gehalten hatten. Im Juli 1923 bot laut einer Werbeanzeige in der Lokalzeitung ein Metzger aus Dremmen Speck in Höhe von 100.000 Reichsmark zum Verkauf an, während der Arbeitslohn eines Schuhmachers zum Anlegen neuer Sohlen auf 250.000 Reichsmark festgelegt war.

Vier Milliarden Mark für ein Bier

Wenige Monate später war die Lage vollends katastrophal: Im November 1923 kostete ein Pfund Brot im Kreisgebiet drei Milliarden Reichsmark, während man für ein Pfund Fleisch 36 Milliarden und für ein Glas Bier vier Milliarden Mark ausgeben musste. Jede Berufsgruppe hatte unter der Inflation zu leiden. Landwirte konnten zwar als Selbstversorger auf Nahrungsvorräte zurückgreifen. Aber auch ihr Verdienst reichte kaum noch zum Leben aus. So erlitt nach Aussage des Geilenkirchener Stadtchronisten auch der Handel mit örtlichen Milchprodukten starke Einbußen, da die Bauern die notwendigen Futtermittel nicht bezahlen konnten. Ein zunehmender Mangel an Lebensmitteln war die Folge.

Glanzstoff zahlte den Lohn täglich

Ein Industriearbeiter mit einer mehrköpfigen Familie konnte kaum auch nur noch die Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen. Gerade diese Bevölkerungsschicht war am meisten von der Inflation betroffen, sofern es keine persönlichen Kontakte zu Landwirten gab.

Die örtlichen Steinkohlegruben und Industriebetriebe, etwa die Glanzstoffwerke in Oberbruch, fühlten sich dem Wohlergehen ihrer Belegschaft verpflichtet. Die Arbeitslöhne wurden täglich ausgezahlt, weil man um den rapide sinkenden Wert wusste. Den Beschäftigten der Enka-Glanzstoff AG wurde die Möglichkeit gegeben, im werkseigenen Konsumladen den Tageslohn in Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs umzusetzen. Als später die Geldscheine in Waschkörben transportiert werden mussten, ging der Betrieb dazu über, in der eigenen Druckerei selbst Papiergeld herzustellen.

Auf ähnliche Weise versuchten die Kommunen der Not Herr zu werden. So erhielten Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen Banknoten, die nur im Bereich der jeweiligen Gemeinden im Umlauf waren und nur in lokalen Geschäften eingelöst werden konnten. Im Herbst 1923 hatte aber jegliche Banknote ihren Wert verloren. Es florierte der Tauschhandel. Bewohner aus benachbarten Großstädten kamen in die Dörfer des Kreises und boten den Bauern Wertobjekte wie Porzellan, Schmuck und Teppiche zum Tausch an, um ihre Familien noch irgendwie ernähren zu können.

Dass die Geldentwertung im Verlauf des Jahres 1923 ein so dramatisches Ausmaß angenommen hatte, hat auch mit dem sogenannten „Ruhrkampf“ zu tun. Wegen der Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches waren die geforderten Reparationszahlungen teilweise ausgesetzt worden. Frankreich besetzte daraufhin das Ruhrgebiet und das bergische Industrierevier mit Truppen. So wurde auch eine seit 1919 in Geilenkirchen stationierte Einheit nach Duisburg verlegt.

Die Aktion löste im ganzen Deutschen Reich eine Welle der Empörung aus. Auch im Heinsberger Land zeigte man Solidarität mit den Menschen des Ruhrgebiets. Sie wurde etwa am 14. Januar 1923 durch das Läuten der Kirchenglocken zum Ausdruck gebracht. Zwei Wochen später folgte eine großangelegte Sammelaktion, zu der unter anderem auch am 27. Januar 1923 in der Heinsberger Volkszeitung aufgerufen wurde.

Die Konflikte brechen offen aus

Folgenschwerer war jedoch der als „passiver Widerstand“ bekanntgewordene unbefristete Generalstreik, in den Arbeiter, Angestellte und Beamte traten. Sie mussten fortan von der öffentlichen Hand unterstützt werden, was den Verfall der Reichsmark stark beschleunigte.

Der „passive Widerstand“ stellte auch das Verhältnis zwischen der örtlichen Bevölkerung und den seit 1919 stationierten französischen und belgischen Besatzungssoldaten vor eine schwere Belastungsprobe. Konflikte brachen offen aus. Einige Jugendliche aus Frelenberg äußerten ihren Unmut gegenüber den Besatzungstruppen, indem sie das Deutschlandlied sangen. Das mussten sie mit einem vorübergehenden Aufenthalt im Aachener Gefängnis büßen. Aus der Chronik des Ortes Ratheim geht hervor, dass die Besatzungsangehörigen dort ihre Kontrollen, die sie lange vernachlässigt hatten, wieder verstärkten.

Bürgermeister im Gefängnis

Die tägliche Zusammenarbeit mit den Besatzungsmächten bot auch in den kommunalen Verwaltungen ein großes Konfliktpotenzial. So mussten neben vielen anderen auch der Geilenkirchener Bürgermeister zusammen mit seinem Beigeordneten und einem Gemeindesekretär eine kurzfristige Gefängnishaft antreten. Auch gegen den Scherpenseeler Amtsbürgermeister wurde wegen „Widerstandes gegen die Staatsgewalt“ ermittelt. Er konnte aber untertauchen und sich der Strafverfolgung entziehen. Von Repressalien und Sanktionen betroffen waren auch Zollbeamte, ein Lehrer und ein auf der Grube Carolus Magnus beschäftigter Bergassessor.

Attentat auf Brücke in Brachelen

Bei der allgemeinen Spannung wurde mit Sabotageakten gerechnet. Davon ist im Kreisgebiet allerdings kaum etwas bekannt. Lediglich bei Brachelen versuchten Widerständler, eine Brücke über die Rur zu sprengen – allerdings erfolglos.

 

Als die Glocken schließlich den Jahreswechsel zum neuen Jahr 1924 einläuteten, war ein wirkliches Krisenjahr zu Ende gegangen. Dennoch zeigte sich leichter Optimismus, da die Einführung der Rentenmark dem rapiden Währungsverfall ein Ende gesetzt und Gustav Stresemann als Reichskanzler das Ende des „passiven Widerstandes“ angeordnet hatte. Die Menschen versuchten, das Beste aus der Krise zu machen. So entschloss man sich etwa in Gillrath, nicht auf die Kirmesfreuden zu verzichten – „trotz der schlechten Zeit“.


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2 Nach §19 der Kleingewerberegelung bin ich berechtigt, keine Mehrwertsteuer auszuweisen.